Prenup-Verträge als eine nützliche Präventivmassnahme gegen Trennung und Scheidung?

Es wird berichtet, dass der amerikanische Komiker, Schauspieler und Sänger Jerry lewis mal gesagt haben soll «Der Hauptgrund für alle Scheidungen ist und bleibt die Hochzeit». Jerry Lewis ist 2017 im Alter von 90 Jahren in Las Vegas verstorben. Er war zweimal verheiratet und hatte mit den beiden Ehefrauen insgesamt sieben Kinder (fünf leibliche Kinder, zwei Adoptivkinder).
Für eine Organisation wie die IGM Schweiz, deren Mitglieder durch Trennung und Scheidung belastet
sind und im vorherrschenden familienrechtlichen System der Schweiz Hilfe und Unterstützung suchen, hat
dieses Zitat eine grundlegende Bedeutung. Um den IGM-Mitgliedern Unterstützung anbieten zu können, ist es für die IGM durchaus angebracht, sich auch um mögliche präventive Massnahmen vor oder zum Zeitpunkt der Eheschliessung Gedanken zu machen. Klar ist, dass dies natürlich meist den romantischen Überlegungen der Heiratswilligen (Stichwort: Hochzeitsmotiv Liebe) entgegenspricht und diese sich in
ihren meist jungen Jahren über die Konsequenzen der Hochzeit faktischer und juristischer Art wenig sagen lassen wollen.
Dazu passt ein weiteres Zitat aus Friedrich Schillers Gedicht von 1799 «Das Lied von der Glocke»: Schiller
hat dort bereits im 18. Jahrhundert im Rahmen der Darstellung eines handwerklichen Glockengusses mit
der Kommentierung des Menschenlebens, seiner Möglichkeiten und Gefahren auf die Bedeutung vorehelicher Abklärungen hingewiesen: «Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich das Herz zum Herzen findet».
Von möglichen präventiven Massnahmen möchten wir hier die in den USA verbreiteten Prenup-Verträge
thematisieren.
Definition und Bedeutung von Prenups
Prenup ist die umgangssprachliche Abkürzung von «Prenuptial Agreement» (voreheliche Vereinbarung), welches die Ehepartner vor der Eheschliessung vereinbaren. Dabei werden auf schriftlichem und
meist notariell beglaubigtem Wege Regelungen zu nachehelichen Folgen im Falle von Ehescheidung oder Versterben getroffen.
Paare schliessen einen schriftlichen Prenup-Vertrag ab, um viele der Standard-Ehegesetze, die sonst im Falle von Scheidung oder Tod eines Ehepartners gelten würden, zu ersetzen.
Der Prenup-Vertrag regelt Themen wie Vermögensaufteilung (Eigentum, Altersvorsorge, Ersparnisse), Ehegattenunterhalt, Unternehmensnachfolge, Schulden und mehr für den Fall, dass die Ehe scheitert oder einer der Ehepartner
verstirbt.
Was ein Prenup-Vertrag in der Regel nicht regeln kann, sind Kinderangelegenheiten wie Sorgerecht, Obhut und Unterhalt, da diese ja zum besten Interesse der Kinder bzw. dem Kindeswohl geregelt werden sollen. Demzufolge unterliegen Kindesbelange der strengen Untersuchungs- und Offizialmaxime, wobei Behörden
und Gerichte die Angemessenheitsprüfung eines Prenups mit Kinderbelangen vertiefter und umfassender
vorzunehmen haben.
Ein vorehelicher Prenup-Vertrag kann auch einen Verzicht auf das Recht des überlebenden Ehegatten enthalten, keinen Pflicht- oder Wahlanteil am Vermögen des verstorbenen Ehegatten zu beanspruchen. Oder der Prenup-Vertrag kann die Eheleute im Falle eines Konkurses davor schützen, dass gewisse Vermögensteile in die Konkursmasse fallen.
Unterscheidung zwischen Prenup und Ehevertrag/Scheidungskonvention
Der feine Unterschied zwischen den in der Schweiz bekannten «Eheverträgen» und den mehrheitlich in
USA seit Jahren angewandten Prenup-Verträgen liegt darin, dass es sich bei Prenup-Verträgen um «vorsorgliche Scheidungsverträge» handelt, die auf jeden Fall bereits vor der Eheschliessung für den «Fall der Fälle» abgeschlossen werden müssen. Man könnte für die familienrechtliche Betrachtung in der Schweiz auch von «antizipierten Scheidungskonventionen» sprechen. Eine antizipierte Scheidungskonvention kann
als Folge von aussergerichtlichen Gesprächen oder in einem Mediationsverfahren abgeschlossen werden,
muss aber im Scheidungsfall vom Gericht geprüft und genehmigt werden.
Rechtsgültigkeit von Prenups
Die Gesetze unterscheiden sich von Staat zu Staat und von Land zu Land darin, welche Inhalte Prenup-Verträge haben dürfen und unter welchen Bedingungen und Umständen ein Prenup-Vertrag für juristisch nicht durchsetzbar erklärt werden kann.
In den USA ist die juristische Anerkennung bereits seit den 1980-er Jahren gegeben und wurde wegen auch dort fortschreitender Scheidungswilligkeit 2012 für alle US-
Bundesstaaten vereinheitlicht und 2021 auch inhaltlich erweitert.
Für Prenup-Verträge gibt es bestimmte Anforderungen, die erfüllt sein müssen, damit diese Rechtsgültigkeit erlangen. So müssen Prenups beispielsweise schriftlich abgefasst, von beiden Parteien unterzeichnet und notariell beglaubigt sein, und es muss eine vollständige Offenlegung erfolgen. Bei Vermögenswerten ist idealerweise ein Inventar mit entsprechenden Belegen (wie z.B. Steuererklärungen, Bankkontoauszügen,
Grundbuchauszügen, Handelsregisterauszügen etc.) zu erstellen, um die Alleineigentumsverhältnisse eindeutig zu dokumentieren.
Die Situation in der Schweiz
Recht lange Zeit war man sich in der Rechtsprechung in der Schweiz einig, dass Prenups in der Schweiz keine Rechtsgültigkeit haben und diese vertragliche Form wenig zur gütlichen Regelung der Scheidungsfolgen beitragen würde, weil bereits umfassende gesetzliche Regelungen im Familienrecht bestehen und die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Scheidung zu prüfen sind. Mit dem revidierten neuen Schweizer Familienrecht 2014 wurde auch eingeführt, dass dabei neu der Zeitpunkt der Einreichung der Scheidungsklage und nicht mehr der Zeitpunkt des Scheidungsurteils für die Beurteilung herangezogen wird. Damit wurde auch die Motivation zu einer künstlichen Verlängerung der Scheidungsverfahren verringert, um von einem längeren Zeitraum der vermögenswirksamen Vorteile der Ehe (z.B. bei Teilung von fortgezahlten Pensionskassengeldern) profitieren zu können. Unverständlicherweise sind von diesem Beurteilungszeitpunkt Immobilien in der Bewertung des
Marktwertes durch die Scheidungsgerichte immer noch ausgenommen, obwohl diese meist die grössten und damit strittigsten Vermögenswerte darstellen.
Ende August 2019 entschied das Bundesgericht im Rahmen des Scheidungsverfahrens eines kinderlosen
Ehepaares, dass sog. «Voraus-Scheidungsvereinbarungen» oder «Prenups» rechtlich zulässig sind, unabhängig davon, wie lange sie vor dem
Scheidungsverfahren abgeschlossen worden sind (BGE 5A_778/2018).
Im erwähnten Fall regelten die Ehegatten vorab den nachehelichen Unterhalt in einem Ehevertrag. Das Bundesgericht anerkannte, dass es sich bei der Vorabregelung um einen Vertrag handelt, der die Parteien bindet. Eine Genehmigung durch das Scheidungsgericht ist allerdings nach wie vor zwingend erforderlich. Die Genehmigung des Gerichts hat gemäss Bundesgericht zu erfolgen, sofern die Regelung der Scheidungsnebenfolgen nicht offensichtlich unangemessen ist. Eine Genehmigung ist auch dann möglich, wenn eine Partei die Nichtgenehmigung beantragt. Mögliche Einwände gegen die Genehmigung eines Prenups sind beispielsweise die Geltendmachung
von Übervorteilung, Inhalts- und Willensmängeln oder der Einwand der übermässigen Bindung infolge stark veränderter Verhältnisse zwischen Abschluss und Genehmigung durch das Gericht.
Fazit und Empfehlung der IGM Schweiz
Alle vorehelichen dokumentierten Vereinbarungen geben im Scheidungsfall Hinweise auf den ursprünglichen Willen der Ehepartner. Sie belegen im Idealfall die Eigentumsverhältnisse vor der Eheschliessung und unterstützen die gerichtliche Beurteilung von Eigengut und Errungenschaftsgut bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung; dies ist vor allem dann vorteilhaft, wenn als Güterstand in der Ehe eine Errungenschaftsbeteiligung und keinerlei Gütertrennung vereinbart und gelebt wurde.
Letztendlich müssen in der Schweiz jegliche Arten von Scheidungskonventionen – unerheblich vom Zeitpunkt vor der Eheschliessung, danach oder erst im Scheidungsfall – gerichtlich geprüft und genehmigt werden. Prenup-Vereinbarungen, Scheidungsvereinbarungen auf Vorrat» oder «antizipierte Scheidungskonventionen» bilden dabei keine Ausnahme. Jeder Ehegatte kann mit dem andern oder mit Dritten Rechtsgeschäfte abschliessen, sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt. Grundsätzlich bindet eine solche Vertragsabrede in einem Prenup-Vertrag daher die Vertragsparteien, freilich unter Vorbehalt der späteren Genehmigung durch das Scheidungsgericht. Die gerichtliche Prüfung in der Schweiz erfolgt auf Basis der gesetzlichen Zulässigkeit
und Gültigkeitsvoraussetzungen und der für den Scheidungszeitpunkt aktuellen Einkommens- und
Vermögensverhältnisse beider Ehepartner. Letzteres ist dementsprechend bei Prenup-Vereinbarungen ein entscheidender Schwachpunkt:
Je nach Dauer der Ehe und auch Alter der Eheleute haben sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse vor und während der Ehe bis zum Zeitpunkt der Scheidung entscheidend verändert. Auch im Hinblick auf die Aufbewahrungspflichten von Banken und anderen Unternehmungen (bis 10 Jahre) ist eine lückenlose Dokumentation kaum oder nur unter
enormer Kostenfolge im Nachhinein zum Scheidungszeitpunkt möglich. Diese Hausaufgaben der Dokumentation bereits im Rahmen von Prenups oder irgendwann vor dem Scheidungsfall erledigt zu haben erweist sich im Scheidungsverfahren als äusserst hilfreich.
Dies als erste Anregungen zum Thema «Prenups». Für mehr und detailliertere Informationen verweisen wir gerne auf einschlägige Literatur, entsprechende Referenzen online und natürlich die Konsultation des
zuständigen IGM Beraters.